Schon mal im Offlinechat gewesen? Sicher überall zu finden.

• Offlinechat im Aldi, neben der Säule, zwei Einkaufswagen, Strassensperre und die neuesten Krankheiten.
• Offlinechat auf dem Wochenmarkt. Strassensperre mit zwei Hunden, einem Kinderwagen und Blumenkohltalk.
• Offlinechat auf dem Bürgersteig. Strassensperre - rechts die Damen, links die Herren, Doubletalk: der letzte Krankenhausaufenthalt und die verkommene Jugend.
• Offlinechat mit der Kassiererin, die zum Glück auch gleichzeitig Nachbarin ist. Strassensperre global. Thema: unverständlich.

Ich übernehme keine Garantie für Vollständigkeit.

Es ist schon erstaunlich, welche (Kurz)schlußfolgerungen selbst regional eingeschränkte Politiker aus Statistiken ziehen können. War doch vor kurzem in der hiesigen Presse zu lesen, wie hoch erfreut der Bürgermeister sich über die explosiv sich entfaltende und unaufhaltsam wachsende Konjunktur zeigte. Meinte er doch wirklich, aus der Statistik herauslesen zu können, daß diese Region, nur weil es hier die meisten Geschäftsgründungen im gesamten Bundesgebiet gibt, bald zu den wirtschaftlich stärksten gehören wird.
Er zählte die große Masse an Ich-AG Gründungen.
Ist das nicht vielleicht ein Trugschluß? Sind diese Geschäftsgründungen nicht vielmehr der verzweifelte Versuch, der kommenden Armut zu entgehen? Komme, was da wolle?
Erstaunlich, wie er in diesem Zusammenhang die vielen Geschäftsauflösungen und Konkurse in dieser Kleinstadt übersehen konnte.
Meine Lieblingskneipe gibt es nicht mehr.
Zwei Juweliere haben aufgegeben (beide Betriebe seit 80 bzw. 100 Jahren am Ort)
Vier Elektrofachgeschäfte haben geschlossen.
Drei Bäckereien - geschlossen.
Der beliebte Eurasia-Markt ist weg.
Und wieviel hab ich vergessen?

Es gibt immer wieder Menschen, die den Begriff Milchmädchenrechnung ganz für sich selber und ganz neu definieren.

Irgendwann um die Mitte des 19. Jahrhunderts schrieb Henry David Thoreau diese Worte:

Strike The Root
There are a thousand hacking at the branches of evil
to one who is striking at the root

Gilt das denn auch heute noch? Ich zweifel das mal stark an. Heute sägen ein paar mit Plastiksägen an den Ästen des Bösen, während viele versuchen, den Baum zum blühen zu bringen. Sehe ich das zu einseitig?

Der gleiche Mann, Henry D. Thoreau, schrieb ein wunderbares Essay: Slavery in Massachusetts (lesenswert). Ich glaube, soetwas kann wohl nur jemand schreiben, der das Böse selber erlebt hat. Er, als Weißer Amerikaner, hat das Böse schon damals angeprangert und nicht zuletzt haben großartige Menschen wie Ghandi und Martin Luther King seine Philosophie übernommen und in ihre Zeit übertragen.
Und wo sind diese Menschen heute?
Es ist doch viel wichtiger, an seinem Sessel zu kleben.
Heute werden 1 Euro-Jobs befürwortet, heute wird über wachsende Kinderarmut hinweggeschaut oder ungläubig gelächelt. Niemand ist wohl mehr bereit, die Wurzel des Bösen zu durchtrennen.

Wer weiß, wer sich hierher verirrt? Einen Versuch ist es allemal wert. Ich suche auch.
Links vom Leben. Ich weiß auch nicht, ob das eine Lebenseinstellung, ein Motto, eine Philosophie oder einfach nur Unsinn ist.
Ich denke immer, ich habe viel Lust daran, etwas Neues zu probieren. Dann verwerfe ich es wieder. Bisher habe ich das getan. Vieles wirkt verwirrend, dann wieder beängstigend, manchmal lustig. Ist das Leben so? Oder bin ich anders?
Manchmal faul, manchmal träge, manchmal auch voller Elan, wenn ich etwas Neues finde.
Beziehungen? Nein, will ich nicht mehr. Brauche ich nicht. Was bringt's? Ich weiß es nicht mehr. Jetzt nicht mehr.
Immer diese Neuanfänge (schreibt man das so?), dann wieder Stillstand bis zur Aufgabe. All das nur, weil zukunftsträume zerplatzt sind. Ich weiß es ja nicht mal, ob es eine Seifenblase war. Aber ich will nicht mehr daran denken. Es bringt nichts. Gar nichts. Also nochmal von vorn!